09.01.2007
Hans
J. Burmeister - Ein unbequemer Worpsweder
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Worpswede. Die Galerie Girschner in Worpswede verzeichnet am 1. Januar 2007 trotz
schlechten Wetters und Silvesterkater einen regen Zulauf. Der ortsansässige
Maler und Fotograf Hans J. Burmeister feiert seinen 75. Geburtstag mit
Freunden, Bekannten und Familie und der ersten von sieben, vom Bremer
Kultursenator geförderten Ausstellungen, die über Lilienthal bis Bremen im
Laufe des Januars sein bisheriges Lebenswerk auszugsweise dokumentieren. Bissig und
direkt, aber auch sensibel bis in kleinste Details, zeigt sein Werk dem
Betrachter eine Welt der Bedeutung, der übersehenen Spur. „Leben“, so auch
der Titel eines Bildes, beginnt für ihn dort, wo Wahrnehmung und Reflektion stattfindet, so
ist Kunst für ihn die „Essenz des Lebens“. Geboren in Elmshorn,
Schleswig Holstein, ist ihm das Künstlertum nicht in die Wiege gelegt worden
- wie viele Kulturschaffende dieser Generation besuchte er eine militärisch
angelegte NS-Schule
(wie beispielsweise auch Horst Janssen).
Diese Erfahrung prägte sein Leben - gesundheitlich mit immer wiederkehrenden
Problemen, persönlich durch die Überzeugung, dass Widerspruch nur
durch ebensolches Engagement Sinn macht. Burmeister gehörte in den 70er
Jahren als Autodidakt zur rebellischen Avantgarde der modernen Kunstszene
Bremens, stellte 1974 in der Bremer Kunsthalle aus, erhielt 1978 einen zweiten
Preis "Kunst im öffentlichen Raum", nachdem ihm 1970 bereits der
Bremer Kunstkritiker bei seiner ersten Ausstellung einen eigenen Stil
bescheinigte, betrieb die erste
Produzentengalerie, in der junge Künstler kostenlos ausstellen konnten, war Gründungsmitglied
der „Gruppe Grün“, Bremen, Vorsitzender des BBK Bremen und setzte
sich permanent für eine lebenswerte Umwelt ein, so unterstützte er seinen
Freund Olaf Dinné etwa gegen die Zerteilung
des Ostertors durch die sogenannte „Mozarttrasse“.
Als Hans J. Burmeister die Kamera als
Werkzeug entdeckte, kam das Thema „Wände“ in sein Leben. Hauswände
und Mauern, in jedem Zustand, mit verblassenden Farben und Schriften,
zerstörten Plakaten, zeigen auf
seinen manchmal kaum als solche erkennbaren Fotografien, seine Gemälde
werden oft als Fotografien und seine Fotografien oftmals als Gemälde angesehen,
geschichtete Eindrücke
- etwa von „Les Halles“, dem viel bedichteten ehemaligen Marktviertel von
Paris kurz vor dem Abriss (derzeitige Ausstellung im Institut Français), oder sonnendurchglühte Häuserfronten der Provence.
Aber auch die neueren Entwicklungen sind bei ihm präsent, durch seine Arbeit im
Rechenzentrum der Bremer Landesbank hat Burmeister schon frühzeitig den
Computer zum Thema kritischer Betrachtung gemacht. Konsequente
Gesellschaftskritik übte er auch in seinen Schriften, etwa
„Natur-Unrat-Unart“, ein Wortspiel, das typisch für seine kleinen Poême
ist. Leicht hat er es sich und seinen Rezipienten nie gemacht, und starke,
manchmal aggressive Reaktionen hervorgerufen - aber auch Plagiate. Dennoch überzeugt
er sein Publikum immer wieder durch die analoge Umsetzung von Gefundenem
oder den intensiven Blick des Entdeckens in großen und kleinen Formaten. In
Fachkreisen wird er als Begründer des „direkten Realismus“
anerkannt, seine Werke sind inzwischen auf allen fünf Kontinenten
vertreten. Entdecken kann man ihn in diesem Monat im Café Grün, dem
Schulzentrum Meta-Sattler-Straße und im Institut Français, alle in
Bremen, dem Sonnencafé in Lilienthal, dem Galerie-Hotel Haar, Worpswede, dem
dortigen Rathaus, sowie als visionäre Werkschau in der Galerie Girschner,
Worpswede bis zum 28.01.2007. Dort ist unter anderem auch das Tschernobyl-Bild
aus dem Jahr 1964, 22 Jahre vor der Katastrophe,
zu sehen.
Internet:
www.hans-j-burmeister.de
Die
Umwelt ist eines der bedeutendsten Themen im Werk Hans J. Burmeisters.